Ich möchte noch ein wenig mehr auf mein YouTube Video über Dicke müssen sich nicht verstecken eingehen. Ich habe da gestern und heute noch ein wenig drüber nachgedacht. Im Großen und Ganzen habe ich wirklich nicht viel Diskriminierung bezüglich meines Dickseins erlebt. Aber anderseits eben doch auch schon. Aber es waren nur Momentaufnahmen in meinem Leben. Es waren kurze Episoden…

Klar auch ich habe schon auf der Straße dumme Sprüche zu hören bekommen. Ich entsinne mich an einen Sommertag – ist bestimmt schon 5 Jahre her – da war ich einkaufen und 2 Kerle kamen mir entgegen und kaum waren sie an mir vorüber, da sagte der eine laut und deutlich “Deutsche Panzer rollen wieder”. Ich rief kurzerhand zurück “Dann haste ja Glück dass Du eben nicht vor selbigen gefallen bist.” Kam mir spontan in den Sinn. Der, der es gesagt hatte, sagte nix mehr dafür amüsierte sich sein Kumpel köstlich darüber dass er sprachlos war und rief mir zu: “Gut gekontert.” Habe ich mich geärgert? Nicht wirklich. Ich habe in mich rein gegrinst, weil derjenige dumm dastand und nicht ich.

Anders sah es in meiner Lehrzeit aus. Ich bin gelernte Versicherungskauffrau und wer die Branche ein wenig kennt, der weiß, dass gerade im Außendienst viele Möchtegernmodeltypen rumrennen. Austauschbare Einheitsfiguren. Habe ich nichts gegen. Gern doch. Muss ich mich ja nicht zwingend mit abgeben. So war dann jedoch hin und wieder auch mal eine Seminarwoche dran. Wirklich dazu habe ich eher selten gehört. Als meist einzige Dicke unter lauter Anzugträgern und Kostümtanten war ich nie wirklich richtig am Platz. Ich bin eh ein wenig lockerer und nicht so zugeknöpft, konnte mich in dem Beruf aber dennoch immer einwandfrei bewegen. Meine Kunden damals mochten jedenfalls meine Art. Aber meine Mitazubis und Kollegen auf diesen Seminaren eher nicht. Schlank ist geil, Trinken wie ein Loch in. Als Dicke die nicht wie irre Alk in sich rein kippte, war des nicht meine Welt. Ich saß anfangs noch mal mit dabei, ging später jedoch meist früh aufs Zimmer.

Einzelpersonen waren immer mal dabei mit denen ich mich gut verstand aber zur Gruppe gehörte ich nie. Abgesehen von einem einzigem Seminar wo ich komplett andere Leute kennenlernte – da haben wir richtig Spaß gehabt. Die anderen Seminare war ich eher Einzelgängerin. Entgegen meiner Natur. Jeder der mich privat kennt, wird dem zustimmen.

Auch die Mitazubis in meiner Filiale in welcher ich lernte waren mir nicht wirklich nah. Einer war mir sehr sympathisch aber wir hatten wenig Kontakt. Und eine Azubine aus einer Nebenfiliale kam oft zur gemeinsamen Mittagspause vorbei – wenn sie denn mal mit mir zeitgleich im Innendienst war. Sie war mir wirklich sympathisch. Wir verstanden uns echt gut. Nach der Lehre verloren wir jedoch den Kontakt zueinander. Aber es hatte mich doch stark getroffen als ich 2004 erfuhr dass sie an Krebs gestorben ist.

Ein Mitazubi jedoch der Lattenmeier der mochte mich nun gar nicht. Dem war ich wohl total unsympathisch. Er mir jedoch auch. Er machte da auch keinen Hehl draus. Und genau dieser war auch immer auf den Seminaren mit dabei. Ob er da auch seine Hände mit ihm Spiel hatte, dass ich bei den Seminaren eher Außenseiter war, kann ich heute nicht mehr sagen, aber es ist wohl anzunehmen.

Nun gab es ein allerletztes Seminar in meiner Lehrzeit. Zu der Zeit war ich mit meinem Männe zwar schon verbandelt aber noch nicht liiert. Dies Seminar war auf der einen Seite recht arg heftig zu ertragen auf der anderen Seite jedoch hatte ich auch mega Gaudi. Ich kapselte mich total von der Gruppe ab. Es wurde offensichtlich gegen mich gemobbt. Keine Zurücknahme war mehr da. Dumme Sprüche, nächtliche Telefonanrufe auf dem Zimmer bei welchen ich beleidigt wurde waren an der Tagesordnung. Jedoch juckte es mich eher weniger. Ich habe also nicht einmal dagehockt und mir die Augen ausgeheult. Mitnichten. Es war einzig nervig.

Am ich glaube zweiten Abend des Seminars saß ich allein im Raucherraum und qualmte eine. Es kamen mehrere von meiner Seminargruppe herein, qualmten eine und gingen wieder ohne mich zu beachten. Einzig ein paar Blicke erntete ich und es wurde getuschelt. Zu der Zeit war ich 21 Jahre und wog knapp 30 Kilo weniger als heute. Nur damit Ihr ein Bild von damals habt. 🙂 Ein Mann der nicht zu unserem Seminar gehörte hatte das Ganze im Raucherraum beobachtet und sobald diese draußen waren, kam er zu mir rüber und sprach mich darauf an ob die nicht zu meiner Seminargruppe gehören würden. Nachdem ich bejahte fragte er mich ob diese mich immer so behandeln würden. Wir kamen ins Gespräch. Am nächsten Abend trafen wir uns erneut im Raucherraum und er stellte mich einigen seiner Kollegen vor. Von da an hatte ich Abends immer sehr viel Spaß. Als einzige Frau unter lauter meist älteren Männern war das eine lustige Zeit. Es gab so einen Aufenthaltsraum in welchem sich abends die Leute aufhielten. An einer Ecke saßen meine Kollegen und ich saß bei den Herren und amüsierte mich köstlich. Tanzte viel, lachte viel und war einfach ich. Für meine Kollegen war das zum einen ein gefundenes Fressen und zum Anderem ein Dorn im Auge. Wie konnte die dicke Conny die keiner mochte nur soviel mehr Spaß haben als sie.

Dazu kam dass wenn ich mit den Herren beisammen war und meine Kollegen versuchten dumme Sprüche in meine Richtung abzugeben wenn sie vorbei gingen oder ähnliches, die Herren zum Gegenschlag ausholten und scherzend sich über eben diese dann lustig machten. Das schmeckte meinen Mitazubis nun gar nicht. Ich wurde noch mehr Hassobjekt.

Am letzten Abend vor der Heimreise fand ich dann eine Tüte vor meiner Zimmertür. Enthalten gammliges Obst, Müll, benutzte Tampons, Dreck eben. Dazu eine Banane auf die geschrieben war “Damit Du auch einmal was Langes drin hast”. Freundlich oder? Ich entsorgte den Krempel und dachte mir nur wie erbärmlich manche Menschen doch sind.

Am nächsten Morgen als ich den Frühstücksraum betrat spürte ich die Blicke derjenigen Dauermobber auf mir. Sie warteten regelrecht auf eine Reaktion. Ich ließ sie warten. Keine Regung meinerseits. Wofür auch, hatte ich doch viel zu viel worüber ich mich freuen konnte an dem Tag. Den Tag davor hatte mir einer der Herren Avancen gemacht und am meisten freute ich mich darüber dass ich statt nach Hause zu meinem Chatflirt fahren würde. Ich hatte im Anschluss an das Seminar nämlich eine Woche Urlaub welche ich bei meinem Liebsten verbringen wollte. Damals war mein Mann jedoch nur ein lockerer Spaßkontakt wenn ich es mal so ausdrücken will. Wir waren noch nix Festes, wurden es aber kurz drauf. 🙂

Auch in der Berufsschule hatte ich wenige Mitschüler mit welchen ich klar kam oder mich gut verstand. Selbst mit denen wo ich jede Pause zusammen stand, kann ich nicht wirklich sagen ob sie mich nur duldeten oder mochten. Lag es daran, dass der Lattenmeier sich auch dort rumtrieb? Am Ende war ich gar nicht mehr in der Berufsschule. Mein Körper rebellierte zu der Zeit. Mein Rheuma hatte da Schübe jedoch wusste zu der Zeit keiner – nicht mal ich – dass ich eben die Fibromyalgie habe.

Merkwürdigerweise bin ich im privaten Umfeld nicht wirklich ein Außenseiter gewesen. Ich war überall mittendrin, habe immer schnell Kontakt gefunden und oft auch für viele Jahre Freundschaften geschlossen. Nur in der Oberstufe und in der Berufsschule/Lehrzeit da war ich Außenseiterin.

Jeder kann in Kreise gelangen – gewollt und ungewollt – wo er/sie Mobbingopfer wird. Jeder kann wegen irgendwas nicht gemocht werden, entweder weil er/sie dick ist, vielleicht langsam oder eben eine krumme Nase hat. Das kann bei Fremden auf der Straße passieren aber auch im beruflichen, schulischen oder privatem Umfeld. Man darf sich davon nicht unterkriegen lassen.

Bei mir war der Vorteil, dass ich eben ein starkes privates und familiäres Umfeld hatte, welches komplett konträr zu den Mobbingerfahrungen war. Wenn jemand das nicht hat, dann ist es sicherlich schwerer damit klar zu kommen.

Aber manchmal da ist das Schicksal dann doch noch ein wenig gerecht. So schloss ich meine Lehre doch glatt – trotz massiver Berufsschulfehlzeiten – eine Note besser ab als der Lattenmeier. Genützt hat es mir durch meine Erkrankung nichts, aber dafür dass mein damaliger Chef zu mir meinte, dass ich die Lehre ja eh nicht packen würde und ich dann auch noch eine Note besser (ich hatte Gesamt eine 3) als derjenige war der übernommen wurde und im fachlichen Teil schriftlich sogar eine 2 und mündlich eine 1 hatte, da war das doch ein erhabenes Gefühl. Den Blick meines Chefs als ich ihm meine mündliche Note mitteilte, werde ich wohl nie vergessen.

Himmel, wurde das ein langer Blogeintrag. Kompliment an diejenigen, die bis zum Ende gelesen haben. Ihr habt echt Durchhaltevermögen.

Und zum Abschluss noch ein Hinweis:

Jeder kann Mobbingopfer werden, auch der Mobber. Darüber sollten diejenigen mal nachdenken. Es gibt da so einen alten Spruch, in welchem viel Wahrheit steckt:

Was Du nicht willst, was man Dir tut, das füg auch keinem Anderem zu.