578753_web_R_K_B_by_Gerd Altmann_pixelio.deNun hat Oma seit 6 Tagen wieder Risperidon bekommen. Die Aggressivität ist schon deutlich besser und sie ist viel umgänglicher. Vor allem ist sie nicht mehr so umtriebig. Die ersten 2 Tage nach dem Krankenhausaufenthalt suchte sie dauernd Dinge. Zahnputzbecher, Stiftetuis, Brillen und so weiter. Sie trieb einen damit in den Wahnsinn, war nicht abzulenken. Nun hat sie jedoch zunehmend wieder mehr Schmerzen. Gestern wurde es dann richtig schlimm. Die Dame von der Krankengymnastik kam und machte mit ihr sehr leichte Übungen. Danach hatte Oma sehr sehr starke Schmerzen. Sie kann die Füße nun fast gar nicht mehr heben. Laufen ist fast unmöglich und wenn nur mit sehr vielen Pausen und starken Schmerzen zu schaffen. Nun fragen wir uns ob es vom Risperidon kommt dass es wieder so schlimm wurde. Wir lassen es nun doch erstmal wieder weg und beobachten wie es die nächsten 5 Tage wird. Es ist nicht mit anzusehen wie sie vor Schmerzen stöhnt. Im Sitzen, im Liegen, im Stehen – sie stöhnt vor Schmerzen. Trotz Medikamente. Heute war es somit auch nicht drin dass sie zur Tagespflege geht.

Das nächste Problem dabei ist, dass sie vergisst dass sie nicht laufen kann. Sie versucht es wenn wir nicht gerade bei ihr sitzen und somit finden wir sie irgendwo zwischen Flur und Küche stehend und nicht vor noch rückwärtskommend. Nun nutzen wir den Toilettenstuhl als Rollstuhl in der Wohnung. Anders gehts nicht. Eben habe ich einen kleinen Minischrank rausgetragen. Unter starkem Protest ihrerseits aber dann war sie wieder ruhig. Es geht nicht anders. Sonst kommen wir mit ihr nicht durch die Tür. Auch im Schlafzimmer muss was verändert werden. Sie schlief immer zur Fensterseite hin. Also muss man einmal ums Bett rumlaufen. In ihrem Tempo kommt sie so aber nie rechtzeitig auf den Toilettenstuhl. Also muss sie ab jetzt vorn schlafen. Gefällt ihr gar nicht. Das wäre Opas Seite. Da habe Opa in dem Bett geschlafen. Das Bett jedoch kaufte sie erst nach Opas Tod. Opa lag da nie drin! Sie kann es jedoch nicht begreifen.

505274_web_R_B_by_Gerd Altmann_pixelio.deWährend ich diese Zeilen tippe, bin ich gedanklich schon wieder bei Oma. Ich fühle mich gehetzt. Möchte sofort aufspringen und nach ihr sehen. Mit einem Ohr bin ich immer am Seniorfon. Seit gestern haben wir das Ding im Einsatz. Omas Freundin gab Oma vor 2,5 Jahren ein Seniorfon damit sie es meinem Bruder gibt. Mein Neffe war damals noch so klein, dass man dies Gerät super als Babyfon nutzen hätte können. Vor ca. 6 Monaten fragte die Freundin ob sie es wieder bekommen könnte, da der Kleine ja nun schon groß genug sei. Mein Bruder teilte ihr jedoch mit, dass er nie eines erhalten habe. Wir hatten alle Fragezeichen über den Köpfen. Letzte Woche fand ich es bei Oma ganz hinten im Schrank. Ich fragte nun Omas Freundin ob wir es für Oma nutzen dürfen und sie gab ihr ok. Nun hat Oma immer einen Notknopf neben sich. Damit kann sie im Notfall nach mir klingeln. Man kann sich das Ding auch um den Hals hängen. Gleichzeitig höre ich auch was sie tut oder sagt oder macht. Sollte sie also fallen und schreien, höre ich es hoffentlich darüber. Schließlich wird sie bestimmt das Ding nicht immer um den Hals tragen…. ich kenn doch Oma…. Und sollte sie es verstecken muss eben meine Mutti in der Wohnung rumlaufen und Hallo rufen. Dann kann ich ausmachen wann sie lauter wird und so finden wir das Teil bestimmt auch wieder

Als ich Oma das Gerät erklärte war alles ok. Ich sagte ihr dass ich umgehend erscheine wenn sie klingelt. Ich ging rüber und kaum hatte ich die Tür zu, klingelte es. Ich ging zu Oma und fragte was los sei. “Ich wollte nur mal gucken ob es auch funktioniert.” Ok alles klar. Ich ging wieder zu mir. Nach 5 Minuten klingelte es wieder. Ich also aufgestanden und ab zu Oma. “Oma, was ist denn?” “Ach ich wollte nur schauen ob Du auch kommst.”, und grinst mich an. Na danke Oma, ich kriege noch kein Kilometergeld…..

Nur eines ist nervig. Oma guckt laut Fernsehen. Sehr laut. So laut dass ich übers Seniorfon alles höre. Gestern Abend schlief sie beim Fernsehen ein und eine leise Beschallung meines Wohnzimmers war das Ergebnis. Ich stellte das Seniorfon sehr sehr leise und doch ein wenig hörten wir immernoch. Und als ich dann nach ihr guckte, da schlief sie bei laufendem Fernseher. Also hab ich ihn ausgemacht.

505732_web_R_B_by_Gerd Altmann_pixelio.deWir warten momentan auf den Rollstuhl und das Skalamobil (Treppenlift). Das ist sowas wie eine Sackkarre für den Rollstuhl um Treppen zu bewältigen. Wir werden es nicht nutzen können aber die Pfleger vom ABH, die sie dann immer abholen, werden es einsetzen. Im Endeffekt jedoch ist Oma aktuell an die Wohnung gefesselt und wir damit auch…..

Einen Indoor Rollator habe ich ihr auch gekauft. Ein extra schmales Teil damit sie durch die Türen kommt. Der Gehstock gibt ihr nicht genügend Halt. Wir haben das Ding selbst bezahlt, da die Zuzahlung und der Kaufpreis nur wenig auseinander liegen.

Nach gestern war ich sowas von fix und alle. Ich fühlte mich erschlagen und selbst jetzt fühle ich mich schon leicht k.o. Das wird dauern bis ich mich daran gewöhnt habe. Wir sind noch immer in der Schwebe wie und ob sie bei uns bleiben kann oder in ein Heim muss. Es ist eine beschissene Situation. 🙁

Von den Ärzten hört man Dinge wie “langsam sind wir am Ende der Fahnenstange” und “manche Schmerzen kann man eben nicht behandeln” und “sie werden es nicht lange mehr daheim schaffen können”. Mit Oma haben wir über ein Heim gesprochen. Sie will nicht ins Heim. Sie will uns aber auch nicht zur Last fallen. Manchmal sagte sie sogar dass wenn wir es nicht können, sie ins Heim will, solange es nah ist. Aber durch die Demenz weiß niemand was davon nun wirklich ihre echte Aussage wäre. Ich kann nur annehmen dass es so ist, dass sie mit einem Heim im Notfall einverstanden ist. Schließlich hat sie ihre Schwiegermutter auch ins Heim gegeben.

Wir warten nun mal ab wie es ohne Risperidon wird und ich bemühe mich einen sozial-psychiatrischen Pflegedienst für sie zu bekommen. Jede Entlastung für uns ist wichtig. Zeit bekommt einen ganz neuen Wertigkeitsfaktor wenn man ständig für jemand Anderen da sein muss. In einem stillen Moment kommen mir die Tränen. Man ist hilflos und weiß nicht was tun.