Gestern war ein ereignisreicher Tag. Emotional erlebte ich Höhen und Tiefen.

Als erstes waren morgens die Handwerker da. Mein Wasserschaden im Bad wird nun behoben. Da der gesamte Boden nass war, wurde er komplett rausgenommen und nun läuft da rund um die Uhr ein Trockner. Einzig in der Nacht haben wir ihn abgestellt, denn so kann ja kein Schwein pennen. 🙂

2013-05-14 08.35.58Das Badezimmer ist nicht größer als hier auf dem Foto zu sehen. 🙂

Mittags erhielt ich einen Anruf vom Pflegeheim. Oma wurde wie vereinbart vom Krankenhaus ins Heim gebracht. Angeblich hieß es seitens des Krankenhauses, dass Oma laufen könne, doch die Dame am Telefon sagte ganz entgeistert, dass Oma alles andere als Laufen könne. Sobald sie auf den Füßen stehe, sacke sie zusammen und rutsche auf den Boden. Körperlich kann sie laut Krankenhaus laufen, doch ihr Kopf verweigert die Beinbenutzung. Sie hat einfach zu große Angst zu fallen. Das wird – laut Aussage des Heimes – auch nicht in 28 Tagen Kurzzeitpflege verschwinden. Allein lassen kann man Oma so in keiner weise, da sie beim Versuch aufzustehen wieder hinfällt. Ich sollte bitte die Erlaubnis für Bettgitter für die Nacht beim Amtsgericht beantragen. Da dies eine freiheitsentziehende Maßnahme ist, muss ich diese gerichtlich beantragen. Einfach so darf das nicht gemacht werden. Ich bin gegen Fixierungen aber Bettgitter wie in diesem Fall, empfinde ich als absolut harmlose Schutzmaßnahme. Sie kann nun eh nicht mehr allein auf Toilette gehen, so dass es keinen Unterschied für sie macht. Ich habe es somit dann bei Gericht schriftlich beantragt.

Am Nachmittag fuhren Mutti und ich dann zu Oma ins Heim. Ich unterschrieb den Heimvertrag und füllte einen kleinen Bogen über Omas Zustand und Unverträglichkeiten aus. Das Heim sieht gut aus. Nicht so heimelig wie das letzte Heim, jedoch auch sauber und angenehm. Es wirkt etwas karg auf der Demenzstation, jedoch muss ich sagen, dass ich das nicht so verkehrt finde. Nach meiner Erfahrung mit Oma, merkte ich in den letzten Monaten dass Ansammlungen von Sachen sie überfordern und ihre Verwirrung förderten. Im Heim kratzt das Karge an meinem Geschmack doch mein Kopf sagt mir, so muss es sein, denn bei Demenz in dem Stadium ist zu viel auch nicht gut.

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Ihr Zimmer ist groß und hat ein eigenes Badezimmer. Das Badezimmer gefällt mir sehr gut. Man darf natürlich eigene Möbel mitbringen und es selbst einrichten. Das dürften wir auch jetzt für die Kurzeitpflege machen. Wir warten damit jedoch noch ein wenig. Das Zimmer hat einen Balkon, welchen wir jedoch abschließen lassen. Oma kennt sich mit Balkonen nicht wirklich aus. Ob es gefährlich wäre, ist demnach noch ungewiss. Solange sie nicht laufen kann, vermutlich nicht. Aber die Aussicht ist ganz nett. Dass die S-Bahn direkt am Heim verläuft ist zum Hinfahren recht positiv, doch geräuschtechnisch eher negativ – aber hey meine Oma ist schwerhörig…. da macht das null aus. Abgesehen davon hab ich die S-Bahn während meines Aufenthaltes dort auch nicht gehört.

Nachdem wir Omas Sachen verräumt hatten, ging es in den Tagesraum. Ein großer Raum mit lauter kleinen Tischen an denen die Bewohnerinnen saßen. Viele in schlimmeren Zustand als Oma, manche in gleichem und besserem Zustand. Es war für mich erschreckend und beruhigend zugleich. Ich beobachtete Oma erstmal von der Tür aus. Sie forderte die Pflegerin doch sehr. Sie verschafft sich Gehör – ohne Frage. Genau wie die anderen Damen dort. Ich sah nicht einen Herren. Viele saßen im Rollstuhl, ein paar Damen konnten laufen. Ich ging zu Oma und sie strahlte mich an. Sie erkannte mich natürlich und freute sich sehr. Ihr ginge es gut, es gefalle ihr da und sie mache mir das schon wieder recht, dass sie dort seien könne. Standardsprüche von ihr. Sie sah meine Ma und meinte: “Willst mich jetzt nach oben holen?” Da wurde mir bewusst, dass sie gar nicht richtig weiß, wo sie sich befindet. “nach oben holen” war der Standardsatz für “zu meiner Mutti nach oben in die Wohnung gehen um dort Abendbrot zu essen”. Das hat mich kurz erschrocken und doch gleichzeitig beruhigt. Es zeigte mir wie sehr Oma in ihrem Zustand schon dorthin zu den anderen Damen passt.

Da trat dann eine Schwester auf mich zu und meinte: “Sie sind die Enkelin, richtig? Also hören Sie mal, so geht das aber nicht! Sie können Ihre Oma nicht einfach ins Zimmer schieben und dort allein lassen. Wir fanden sie ohne Pullover mit freiem Oberkörper auf dem Boden liegend nachdem Sie gegangen waren.” Ich war irritiert, was wie wo? Ich erwiderte, dass ich doch gerade erst gekommen wäre und mir sowas nie einfallen würde Oma allein in ihrem Zimmer zurückzulassen.. Wir rätselten dann gemeinsam wer bei Oma gewesen war. Dank Foto auf meinem Handy konnten wir rausbekommen, dass es Omas Schwester Tata war. Sie war dort sehr forsch aufgetreten und den Schwestern direkt negativ damit aufgefallen. Da Tata selbst schon 74 Jahre alt ist, was die Pflegerinnen dort nicht erahnten (dafür ist sie echt zu forsch und hat sich gut gehalten), werden sie nun anders darauf achten, wenn Tata bei Oma ist. Ich habe meine Großtante natürlich direkt angerufen und ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass das so nicht geht. Natürlich freundlich bleibend, aber doch deutlich. Sie hätte das ja nicht wissen können…. Oma mit Oberschenkelhalsbruch mit Demenz, seit mehreren Jahren von uns gepflegt sowie wirr und sie kann es nicht wissen? Ich war stocksauer – aber nur im Innern. Mein Kopf und mein Gefühl sagen mir, dass meine Großtante da vermutlich nichts für kann…. auf die Pflegerin war ich nicht böse. Im Gegenteil fand ich es gut wie sie reagierte, auch wenn sie mich verwechselte, es zeigte mir deutlich wie sehr ihr die Bewohnerinnen am Herzen liegen und wie sie in ihrem Job aufgeht. Ich habe bei den Pflegerinnen, die ich bisher kennenlernte, ein sehr gutes Gefühl. Sie sind bemüht und interessiert. Sie wirken nicht wie “sturr die Stunden runter reißen”. Das ist viel wert. Auch wenn es beim Abendessen etwas aussah wie “alte Leute abgeschoben am Tisch und bekommen ihr Futter und Medikamente”, doch bei den Demenzstadien, die da teilweise bei waren, ist es leider so 🙁 Wer unvorbereitet in so eine Station geht, könnte einen echten emotionalen Schock bekommen. Ich weiß ja durch Bücher und Oma wie die Krankheit verläuft, doch selbst für mich war der Anblick der späteren Stadien doch ein Stich.

2 Bewohnerinnen traten auf meine Ma und mich zu während wir mit einer der Pflegerinnen sprachen. Die eine zupfte an Muttis Oberteil und sprach mich an. Sie fragte, ob ich ihr sagen könne, ob diese Dame (meine Ma) ihr Oberteil tragen würde. Ich beruhigte sie, dass ich weiß dass es nicht ihres sei, weil ich es meiner Mutter selbst gekauft habe. Da war sie beruhigt und wir sprachen darüber wie toll das Oberteil sei, sie habe das Gleiche und es lasse sich sooo toll kombinieren. Dann fragte sie die andere Bewohnerin, wo sie eigentlich wohne und die Andere meinte: “Was fragst Du mich das, wir wohnen doch zusammen!” Ich musste schmunzeln, das klang so nach den Gesprächen zwischen Oma und ihrer Schwester. Ich mochte die 2 sofort. Traurig und schmunzelnd schaute ich ihnen hinterher.

Nach nur kurzer Zeit verabschiedeten meine Ma und ich uns von Oma. Mit gemischten Gefühlen fuhren wir heim. Noch jetzt bin ich innerlich in Aufruhr. Es zeichnet sich ab, dass Oma nicht mehr nach hause kommen wird. Ja ich trug mich schon länger mit dem Heimgedanken, und dennoch ist es als wenn mich ein LKW plötzlich überrollt. So war das nicht geplant… es ist ein anderes Heim als eigentlich ausgesucht, viel weiter weg von uns jedoch spezialisierter. Ich glaube fast, dass es da für sie besser ist. Ihre Schwester wohnt nur 10 Gehminuten entfernt und kann sie täglich besuchen, wir dafür dann weniger. Bei dem Heim hier um die Ecke wäre es umgekehrt gewesen. Wir hätten jederzeit einfach rüber laufen können. Die Badezimmer in dem aktuellen Heim sind schöner und sie ist nun schon mal da. Preislich ist es kein echter Unterschied. Innerhalb der Demenzstation ist Oma geschützter als wie es bei dem Heim hier nebenan gewesen wäre. Oma könnte im Anschluss an die Kurzzeitpflege das Zimmer behalten und dauerhaft dort einziehen. Es wäre somit eigentlich ein Glücksfall, vor allem weil es ein Komfortzimmer ist mit Bad und man es allein bewohnt.

Ich habe nun noch 3 Wochen Zeit mich endgültig zu entscheiden. Löse ich nun ihre Wohnung schon auf? Ausräumen werden wir jetzt schon Vieles, das hatten wir ja eh vor. Müll und Schrott sollen verschwinden. Wenn sie im Heim bleibt, dann werden mein Mann und ich ihre Wohnung übernehmen. Wir reißen eine Wand ein und vergrößern uns. Doch klappt das auch finanziell? Nun heißt es rechnen. Es kommt dann viel Arbeit auf uns zu. Omas Wohnung leer räumen, alles renovieren und umbauen sowohl in Omas Wohnung als auch in unserer jetzigen Wohnung. Das wird nicht billig und wir werden viel Arbeit damit haben. Wir wussten, dass das eines Tages auf uns zukommt. Schon seit Jahren. Dennoch ist es nun so plötzlich. Egal wieviel man plant und sich darauf vorbereitet hat, man ist unvorbereitet und fühlt sich überrollt. Das macht mir Angst. Werden wir es finanziell stemmen können? Wieviel wird es überhaupt kosten? Wie überhaupt einrichten? Man will es wegschieben und nicht dran denken und Oma lieber wieder heim holen, zu uns. Dann ist sie hier und um die Wohnung muss man sich keine Gedanken mehr machen. Vielleicht auch damit man vor sich selbst sagen kann, dass man Oma nicht ins Heim gab nur um ihre Wohnung zu kriegen – auch wenn das nie der Fall ist/war/wäre. Man will sicher vor den eigenen dummen Gedanken sein. Doch muss ich realistisch sein. In Omas jetzigen Zustand können wir sie nicht mehr pflegen. Das schaffen weder meine Ma noch ich körperlich. Doch eine kleine Stimme in meinem Kopf sagt immer wieder “Was wenn sich ihr Zustand körperlich bessert?” Ja dann ginge die Pflege sicherlich wieder, doch für wie lange? Und bekommt man dann wieder so ein gutes Zimmer in dem Heim? Und ein ständiger Wechsel, das ist ja noch schlimmer für Oma. Ich machte mir eh schon einige Zeit Sorgen wegen der Sicherheit, denn eine 24 Stunden Betreuung kann keiner daheim schaffen.

Und dann denk ich darüber nach wie Oma es aufnehmen wird, wenn sie versteht, dass sie da bleiben wird. Oder wird sie es überhaupt verstehen? Wird sie es je merken? Und wenn ich es ihr sage, vergisst sie es sofort wieder? Alles ungewisse Dinge. In meinem Kopf drehen sich die Fragen.

Es stehen schwere Entscheidungen an, die ich noch vor mir herschiebe doch eigentlich ist die Entscheidung, wenn ich ehrlich zu mir bin, schon gefallen. Doch noch will ich diese nicht wahrhaben. 🙁

Auch wenn mich das aktuell sehr stark belastet, will ich mich davon aber nicht runterdrücken lassen. So freute ich mich am Abend das alles für ein paar Stunden zu vergessen. Anlässlich des Geburtstags von Micha, trafen wir uns mit Franzi, Nicci und ihm zum Essen.

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Wir gingen unter’m alten Rathaus ins Mikado. Dort gibt es für kleines Geld ein echt tolles chinesisches Buffet. Das war super lecker. Ich hatte bisher noch nie so ein Buffet mitgemacht und bin richtig begeistert. Geschmacklich top, der Service super und freundlich und die Auswahl für meinen Geschmack groß. Da geh ich definitiv wieder hin! Wir hatten auch viel Spaß und haben viel geblödelt. Es war ein toller Abend. Danke dafür. Die Ablenkung tat mir richtig gut.

Daheim jedoch begannen meine Gedanken sich wieder zu kreiseln und ich grübel hin und her. Das wird sicherlich noch einige Zeit so bleiben, doch wie ich mich kenne, wird es nach und nach weniger bis ich mir meine Entscheidung eingestehe und loslege.