Wie aus einem Nebel tauchte ich wieder in die Welt hinein. Mein erster Gedanke war: “Nichts – Ich fühle nichts – es ist so wundervoll!” Gar nichts. Null. Nada. Keinen Schmerz mehr im Rücken. Alles war stumm. Mein Körper schrie nicht mehr. Ich musste im Himmel sein…..

Ich hörte leise Stimmen, ein Klappern und da Geraschel. Ganz langsam öffnete ich die Augen. Ich sah meine Ma und eine Hebamme im Zimmer. Die Wände waren, glaub ich gelb. Ich nahm alles nur sehr langsam wahr. Meine Ma sah, dass ich wach wurde. Sie kam auf mich zu, streichelte mir die Wange und sagte: “Na Töchterchen, wie geht es Dir?”. Ich brachte nur ein zustimmendes mhhh heraus. Noch immer war ich einfach düselig im Kopf. Eingefangen im Wattebausch. Glücklich über die Schmerzfreiheit…. Es war so schön…. Noch nie empfand ich ein Gefühl von Nichts als so wundervoll. Ich war einfach nur befreit….

WILLKOMMEN AUF DER WELT

A

Alexander René
geb. 27.07.2014 um 10:21 Uhr
1940g und 45,5cm

b

Sebastian Robert
geb. 27.07.2014 um 10:22 Uhr
2000g und 42cm

Meine Kinder sind da

animals-33289Ich begann nach und nach klarer zu werden. Ganz langsam. Da stand plötzlich eine Schwester neben mir am Bett. Sie gratulierte mir zur Geburt meine Söhne und überreichte mir 2 Karten. Auf diesen waren die Geburtsdaten eingetragen und von jedem ein Foto eingeklebt. Ich sah meine Söhne das erste Mal auf einem Foto. Noch ganz dreckig aber goldig. Basti winkte ganz frech in die Kamera. Ich schaute die Bilder an und sagte zu mir: “Das sind sie also. Das sind meine Kinder.” Es war ein seltsames Gefühl. Ich wollte sie sehen, doch es ging noch nicht. Dadurch, dass ich von der eigentlichen Geburt nichts mitbekam, fühlte ich mich noch leer. Es war noch so unwirklich. Das sind meine – die Beiden waren in mir… Gedanken, die noch nichts auslösten. Es waren Fotos und ich noch immer nicht ganz klar.

Ich wurde dann auf Station gebracht und lag dort weiterhin im Bett. Ich bekam ein sehr großes Einzelzimmer (nach zwei Tagen wurde es dann zum 2-Bett umgestellt) auf der Mutter-Kind-Station, mit eigenem Wintergartenbereich *kicher*. Sinnig einen Fernseher in einem Krankenzimmer in den Wintergarten zu packen, wenn man im Bett liegen muss. Aber da mein Mann meine Technik ankarrte, ich direkt wieder Internet bestellte, war für meine Unterhaltung schnell gesorgt.

Der Rest des Tages ist in meiner Erinnerung sehr verschwommen. Ich bringe sicherlich viel durcheinander. Meine Ma war eine Zeitlang bei mir. Mein Bruder tauchte auf. Beide erzählten mir von meinen Kindern, welche sie vor mir gesehen hatten. Auch mein Mann kam irgendwann ins Zimmer und erzählte mir von den Jungs. Alle sahen meine Kinder, nur ich nicht. Ich wollte auch hin….doch ich musste mich gedulden.

Wo war eigentlich René?

“Wie soll ich das denn machen?” – diesen Satz hatte er vor der Tür des OP’s noch von mir gehört. Er wunderte sich, wieso er nicht zu mir konnte und in einen Nebenraum geschickt wurde, wo man ihm erklärte, dass ich einen Not-Kaiserschnitt bekommen würde. Kurz danach waren schon unsere Kinder hinausgetragen worden, denen er 2 Stunden nimmer von der Seite wich und alles beobachtete, was mit ihnen passierte, sie liebkoste und bei ihnen blieb. Ganz der stolze Papa.

Ich war beruhigt, dass er zum für mich wichtigsten Zeitpunkt überhaupt aufgetaucht war. Er war bei unseren Kids, als ich es nicht konnte. Das war für mich wichtiger, als dass er vorher bei den Wehen bei mir war. Für mich zählte nur das.

Mein Zustand nach dem Kaiserschnitt

baby-33286Ich fieberte dem Abend entgegen, denn um 19 Uhr sollte es zu meinen Kids gehen. Ca. 4 Stunden nach der OP war ich bereits aufgestanden und mit Hilfe von 2 Schwestern zur Toilette gewatschelt. Es tat weh, aber ich wollte unbedingt am Abend zu meinen Kids. Und dazu musste ich im Rollstuhl transportbereit sein. Die Schmerzen kamen wieder, doch nun nur im Bauch. Den ganzen Tag dachte ich nur: Die Schmerzen sind NICHTS im Vergleich zu den Wehen. Ich glaubte, dass ich das noch lange denken würde…. man kann sich auch täuschen….doch davon will ich später berichten.

Süß war meine Mutter. Sie erzählte mir, dass sie nicht wusste was los war, René sie nur anrief und sagte, ich bekäme gerade einen Kaiserschnitt. Danach war er nimmer erreichbar für sie. Sie rief in der Klinik an um sich nach mir zu erkundigen. Im nachhinein fiel ihr auf, dass sie überhaupt nicht nach den Kindern gefragt hat, sondern nur nach meinem Zustand. Sie wollte eben erstmal wissen, wie es ihrer Tochter geht. Nun kann man sich darüber wundern, aber ich fand es einfach nur lieb. Die Mama macht sich eben doch als erstes Sorgen ums eigene Kind. Danach erst folgen die weiteren Enkel und Co. Das ist menschlich.

Ich kam langsam auf die Beine, lange Laufen war nicht, es brannte echt gut und ich griff zu Schmerzmitteln. Doch am Abend konnte ich endlich zu meinen Kindern. Mein Mann und ich fuhren zusammen mit einem Rollstuhl zur Frühchenstation. Ich war aufgeregt und freute mich. Endlich sollte ich meinen Nachwuchs kennenlernen. Die 2 Bauchzwerge in der echten Welt in den Armen halten.

Das erste Mal die eigenen Kinder sehen

Mit Schmerzen kam ich im Zimmer dort an. Sie lagen jeweils in einem Wärmebettchen. Beide hatten eine Magensonde bekommen, brauchten aber bei der Atmung keine Hilfe. Sie waren wohlauf und ihnen ging es gut. Ich hatte sie mit ordentlichem Stargewicht ins Leben geschickt. Ich ging von Bettchen zu Bettchen und versuchte mir ihre Gesichter einzuprägen. Streichelte ihre Wangen und Fingerchen. Sie sahen so zerbrechlich klein aus. Der Schmerz ließ mich schon bald wieder im Rollstuhl sitzen. Doch da hatte ich die Chance mein Shirt hochzuziehen und meinen keinen Alexander mir auf die nackte Haut zu legen. Decke drüber und wohlfühlen. Das war so seltsam. So ungewohnt. Leider konnte ich nur Alex an dem Abend auf die Brust nehmen. Basti war schon zu erschöpft vom Besuch und war vom Papa gestreichelt worden.

Nun bin ich Mama

Die Gefühle in Worte zu fassen, fällt schwer. Ich hatte keinen Heulanfall, keinen Wegweh-Effekt, keinen sofort ich quille über vor Liebe Effekt als ich meine Kinder sah und hielt. Es war so unreal. Ich war glücklich, ja. Doch dass das wirklich meine Kinder sind… es war nicht zu fassen. “Du bist nun Mama” – der Gedanke war da, als ich Alex auf meiner Haut spürte. Es war schön, ich fühlte mich toll dabei, dies kleine Wesen gehört zu mir. Ich sah Basti an und streichelte seine Wange und dachte, wie zerbrechlich er doch sei. Und immer wieder: Es sind wirklich 2. Meine 2 Jungs. Himmel. wie passten die in mich rein? Ungläubig saß ich da, mich fragend, wie das so schnell passiert war. Wir hatten lange genug Zeit uns vorzubereiten, doch dass es so schnell passiert, dass sie so früh da sind, damit hatte ich nicht gerechnet…. wobei doch schon, nicht umsonst sind alle Vorbereitungen so früh abgeschlossen gewesen, aber zwischen Logik und es fühlen können, gibt es Unterschiede.

Nun sind sie da. Endlich. Doch sie sind so winzig…. ich hatte Angst sie hochzunehmen, sie falsch anzufassen, sie zu bewegen…. ich war scheu und vorsichtig. Bloß nix kaputt machen.

Fühlt sich so eine Mama? Ich bin nun Mama. Gedanken überschlugen sich als ich wieder in meinem Zimmer war und es langsam sacken ließ. Ich bin nun Mama – diese Worte fühlten sich noch leer an. Ich konnte sie noch nicht greifen. Vielleicht war es ein Nebeneffekt, weil es ein Kaiserschnitt war, bei dem ich nichts von der eigentlichen Geburt mitbekam. Ich weiß es nicht.

Überall liest man und hört man von weinenden Mamas, die überglücklich ihre Kinder in den Armen halten und alle Schmerzen sofort vergessen. Das erste Mal das Kind sehen. Ich war auch überglücklich, doch ich weinte nicht. Ich lächelte vor mich hin beim Gedanken, was wir nun alles erleben werden. Doch ich verlor mich nicht in einer Welle aus Emotionen. Ich war ständig damit beschäftigt ihre Gesichtchen zu erforschen. Doch es waren zu viele Eindrücke. Ich suchte nach Ähnlichkeiten zu uns, Unterschiede zwischen ihnen…. ich überforderte mein Brain deutlich. Ich sah Dinge, vergass sie sofort, sah wieder nichts, sah doch was…. kunterbunter Mix von der kompletten Gefühlspalette….

Doch eigentlich war ich einfach nur froh, dass es meinen Jungs so gut ging, sie stabil waren und wir es alle überstanden hatten. Nun konnte die Heilung des Kaiserschnitts beginnen…. oder doch nicht?

Update: Es war nicht Basti, der in die Kamera winkte, sondern Alex. Als ich meine Kinder das erste Mal auf Fotos in diesen Karten sah, dachte ich „Scheiße, verkehrt rum“ und war stinksauer auf meinen Mann, dass er die Namen ohne mich vergeben hatte. Ich verlor dies Gefühl und den Gedanken als ich meine Jungs dann abends das erste Mal auf dem Arm hatte. 3 Wochen später daheim, packten meine Ma und ich den Koffer aus und hatten dann die Karten wieder in der Hand. Beim Ansehen bemerkten wir, dass die Fotos nicht zu den Namen passten. Wie sich dann auf Nachfrage rausstellte, waren die Fotos verkehrt in die Karten geklebt worden. Es war somit nicht Basti, der gewunken hat sondern Alex. Und damit hat auch nach meinem Geschmack jedes Kind genau den für ihn passenden Namen bekommen.

Fotoquelle Babygrafiken: Nemo / pixabay