Nach und nach kamen die Kaiserschnittschmerzen. Sie sickerten in meinen Körper. Das Aufstehen aus dem Bett war Hölle. Ich klaute mir einen Rollstuhl, den ich als Rollator zweckmissbrauchte. Nur mit dem Bettgitter am Kopf und dem Stuhl kam ich unter argen Schmerzen aus dem Bett. Ich schleppte mich zur Toilette, einen Katheter hatte ich von Anfang an nicht. Jede Bewegung tat am Bauch weh. Bei der Visite kam Dr. v. K. und ging mit mir nochmal den kompletten Ablauf der Geburt durch. Er fragte nach, ob ich auch wirklich alles mitbekommen hatte und verstanden hatte. Dabei erfuhr ich, dass durchaus ein Puls gefunden worden war, man jedoch nicht wusste ob es der meines Sohnes Basti oder meiner war. Der Puls lag bei 82 und falls dies mein Sohn war, war es wirklich bedenklich. Ich weiß. dass ich am Wehenschreiber immer einen Puls von 100 bis 150 hatte, daher nehme ich an, dass es durchaus mein Kleiner war, der dort gemessen wurde. Dr. von K. bestätigte mir bei der Visite, dass es so wie es gelaufen war, eine gute Entscheidung gewesen wäre, den Kaiserschnitt zu machen.

In der MHH ist es so, dass man einen Transportdienst in Form eines Pflegers mit Rollstuhl ordern kann, um zu seinen Kindern auf die Frühchenstation zu kommen. Diesen nutzte ich am Folgetag 2 Mal. Es gibt bestimmte Versorgungszeiten bei denen man dann seine Kinder selbst versorgen darf und auch Kuschelzeit mit den Kindern nutzen kann. Anfangs war es mir vor Schmerz nicht möglich meine Kinder zu wickeln, aber ich war da und genoss die Kuschelzeit. Ich nahm immer einen je Versorgungstermin auf die Brust. Beide zeitgleich halten, schaffte ich noch nicht. Ich wollte erstmal jeden der Beiden einzeln kennenlernen. Sie im Arm halten und ihre Gesichtchen kennenlernen, ihre Mimik beobachten, das war mir besonders wichtig.

Die Besuche strengten mich sehr an, dazu meine Schmerzen und die eigenen Behandlungen im Zimmer, das Abpumpen… mein Tagesablauf war und ist ziemlich voll. Der Chefarzt Dr. H. schaute bei mir rein und schmunzelte, dass ich schon entbunden habe. Ich sagte zu ihm: “Sehen Sie, gut dass wir vorgestern noch die Geburtsplanung besprochen habe. Habe mich genau an Ihren Vorschlag gehalten.” Er war hocherfreut, dass meine Jungs so gesund sind und nicht mal annähernd Folgen meiner Zuckererkrankung zeigten. Er hatte sich viel mehr Sorgen gemacht. Ich meinte dann nur zu ihm, dass ich es ihm ja gesagt habe, dass alles gut geht.

bethesda-naval-medical-center-80380_1280Am 2 Tag konnte ich bereits allein duschen, doch brauchte ich noch Hilfe beim Abtrocknen und Anziehen. Das Laufen fiel mir sehr schwer, denn es brannte oft wie Hölle am Bauch und alles war heiß. Der gesamte Bauch war am zweiten Tag eine wahre Feuerwand und dennoch schaffte ich es schon ein wenig rumzulaufen. Sogar mein Essen konnte ich mir am Abend einmal selbst vom Buffet holen.

Neu mit im Zimmer war meine Bettnachbarin. Sie war noch schwanger und sehr sympathisch. 🙂 Sympathisch ist sie noch immer, aber hat nun auch die Geburt schon hinter sich.

Komplikationen

Am dritten Tag kam es dann zu einem neuen Gespräch mit den Ärzten. Hierbei kam heraus, dass mein Entzündungswert bei 289 lag. Das ist viel zu hoch und deutete auf eine böse Entzündung hin. Ich musste Unmengen an Kontrastmittel trinken, welches ekelig nach Lakritze schmeckte…. ich hasse Lakritze…. danach ging es ins CT, bei dem ich dann auch noch eine Kontrastflüssigkeit in die Venen bekam. Am Handgelenk fühlt sich dies kalt an, doch dann wird einem der gesamte Körper mega heiß. Heftiges Feeling…. war spannend. 😀 Und dann bekam ich zuletzt noch einen Bauchultraschall, welcher nicht als angenehm zu bezeichnen ist, wenn man einen Kaiserschnitt hatte.

Ende vom Lied: Es wurde beschlossen mich noch in der Nacht nochmal aufzumachen und die Hämatome auszuspülen. Eine zweite OP in wenigen Tagen…. begeistert war ich nicht, doch so wie mein Bauch brannte…. war ich dafür. Man hatte Angst davor, dass sich eine bakterielle Infektion im Bauch gebildet hätte.

Die 2. Bauch-OP

surgery-79584_1920Bereits um 22 Uhr wurde ich in den OP gefahren, nachdem ich mehrere Stunden nüchtern bleiben musste. Ich bekam erneut ein OP Hemd an, welches noch immer nicht schicker geworden war und kletterte wieder auf eine spezielle Liege. Erneut setzte man mir eine Maske auf und ich erhielt eine Infusion. Zum wiederholten Mal wurde es dunkel um mich….

Ich hatte noch vorab gesagt, dass ich nicht mit irgendwelchen Schläuchen im Kopfbereich aufwachen möchte und was passiert? Ich erwachte mit dem Beatmungsschlauch in der Nase…. ich war noch im Nebel als ich würgte und würgte…. zeitgleich träumte ich von irgendeinem Südseestrand….. beim nächsten wach werden war ich im Aufwachbereich ohne Schlauch in der Nase, dafür mit 2 Drainagen im Bauch und einem Katheter bestückt. Als ich richtig wach war, kam ich wieder ins Zimmer. Ich erhielt noch eine Voltaren Resinat und schlief den Rest der Nacht durch.

Der schlimmste Tag im Krankenhaus

Am nächsten Morgen wurde der Blasenkatheter gezogen (das tut gar nicht weh) und ich sollte versuchen aufzustehen. Böser Fehler. Sehr böser Fehler. Ich schaffte es mit Hilfe aus dem Bett zu kommen, schaffte es mich hinzustellen und kam sogar wenige Schritte bis zum Kleiderschrank… doch dann war es vorbei. Kein Schritt ging mehr. Das Bett musste an mich rangeschoben werden und ich wurde mit Hilfe niedergebettet. Im Liegen ging es mir halbwegs gut, die Schmerzen nur gering, doch sobald ich aufstand….. HORROR. Sobald ich Gewicht auf das linke Bein verlagerte, stach mich die Drainage tief im Bauchinnern. Es brannte, es tat weh, es war die pure Qual.

Bewegungen waren unmöglich. Ich bat mehrfach darum, dass man mir die Drainage zieht, doch keiner wollte es tun. Man wolle erst sehen, wieviel rausläuft aus der Wunde… also hieß es quälen.

Noch nie wurde mir an dem Tag so bewusst, wie viel die eigenen Beine bedeuten. Mit 2 Schwestern konnte ich nur mit vielen Verrenkungen und Schmerzen auf die Bettpfanne. Der Toilettenstuhl für mich zu klein, war auch keine Alternative. Es waren Erfahrungen, die man nicht machen möchte. Ich litt und litt bei jedem Versuch aufzustehen. Der Wehenschmerz und dieser Schmerz – in  meiner Wertigkeit waren diese Schmerzen sehr nah beieinander……

Wenn Schwestern einen nerven

school-37322Das Schlimmste jedoch waren an dem Tag die Schwestern. Ich weiß, sie meinten es gut, wenn sie mich aufforderten, ich solle versuchen zu laufen, doch ich konnte nicht. Es nervte. Jede sagte es…. Vorher nach dem Kaiserschnitt waren alle begeistert, dass ich nach 4 Stunden schon lief und wie gut ich mitarbeitete…. und nun drängelten sie mich und ja sie nervten…. sie taten so als wenn ich nicht laufen wollte…. doch der Schmerz war zu groß… ich weiß nicht wie oft ich auf meinen vorherigen Erfolg verwies und sagte: “Wenn ICH sage, dass es nicht geht, dann geht es nicht! Ziehen Sie die Drainage und wir sehen weiter!” Die Drainage stach einfach wie ein Zwerg mit Messer in meinem Bauchinnern. Als eine Schwester dann abends mir gegenüber erwiderte, ich habe es mit dem Laufen ja noch gar nicht probiert, gabs dann ein pampiges: “Das ist ja wohl mal Quatsch!” Da war sie pikiert. Auch später gab es noch einen verbalen Mini-Schlagabtausch. Ich war dann wirklich sauer. Das machte mich an dem Tag zusätzlich dazu, dass ich aufgrund des Zustandes nicht zu meinen Kindern konnte, wirklich mal nieder. Ich war fix und alle und verzweifelt.

Doch nicht alle Schwestern waren so an diesem Tag. Am frühen Morgen gab es eine Schwester, die zu mir sagte: “Fr. Diedrichs, sie müssen sich für ihren Zustand nicht bei mir entschuldigen. Ich bin dafür da Ihnen zu helfen.” Diese Dame tat mir in dieser grausigen Erfahrung sowas von gut, das glaubt Ihr gar nicht….

Aber abgesehen von diesem einen Tag sind hier alle Schwestern sehr nett. Ich fühle mich sehr gut betreut und umsorgt. Sehr freundlich alle samt. Abgesehen von diesem einen Tag eben 😉

Endlich wurde ich erhört

Am nächsten Morgen bei der Visite war der Arzt sehr überrascht als ich ihm von meinem Horrortag berichtete und dass ich überhaupt nicht mehr Laufen könnte. Er ordnete daraufhin die Ziehung der linken Drainage an. Die Schwester, mit der ich mich tags davor in den Flicken hatte, zog die Drainage. Als ich danach sagte, dass das Ziehen ja kaum weh tat, sagte sie zu ihrer Kollegin: “Siehste, auch ich kriege mal Lob.” Später zog sie mir noch die Stützstrümpfe an, was sie im Vergleich zu den anderen Schwestern echt top drauf hat, wofür ich ihr dankte und auch sagte, dass sie das ja echt gut kann und ich beeindruckt bin. Als ich nach 1,5 Stunden dann den ersten Aufstehversuch machte, war sie auch dabei und was soll ich sagen: Ich stand auf und ich lief auf Toilette! Einfach so. Ohne Stechen! Zwar tat noch immer der Bauch weh und ich lief langsam, aber ich lief. Ich freute mich wie ein kleines Kind. Von da an war ich dann fast wieder an dem Punkt kurz nach dem Kaiserschnitt. Ich konnte mich allein aufrichten – mit Hilfe meines Rollstuhls – und kam allein auf Toilette. Das war für mich ein riesiger Erfolg. Seitdem komme ich übrigens mit besagter Schwester sehr gut aus. Ich mag sie mittlerweile echt gern und ich glaub auch sie mag mich. Auch eine andere Schwester kam am Abend hinein und meinte, dass ich im Vergleich zum Vortag wie ein neuer Mensch auf sie wirken würde.

Und nur so nebenbei erwähnt…. nachdem ich einmal ganz allein zur Kinderklinik mit meinem Rollstuhl als Rollator gelaufen bin, weil mein Transport nicht auftauchte…. wurde ich auch nie mehr zum Aufstehen gedrängelt… seitdem herrscht hier Ruhe 😉

Wie ist der aktuelle Zustand

Mein Entzündungswert spielt Jojo. 289 –244 – 269 – 190 –239 – 172….Die Ärzte ließen mir täglich 2 Mal Blut abnehmen. Ich habe nicht viele Venen, bei denen man gut Blut abnehmen kann…. die eine wirklich gute ist derzeit dicht. Es bedurfte auch einen Narkosearzt und 6 Braunülen bis ich eine dauerhafte endlich behalten konnte….. Die zweite Drainage kam einen Tag später raus… was mir noch mehr Freiheiten gab. Ich muss mir täglich 2 mal Heparin forte spritzen…. davon bluten manchmal Wunden spontan los…. meine Naht wird 3mal täglich gereinigt und desinfiziert. Lymphdrainagen werden gemacht und irgendwie soll ich wohl auch Krankengymnastik bekommen. Und seit neustem bekomme ich auch noch Reiterspitzwickel am Bauch. Ach ja und 4 Antibiose Infusionen pro Tag auch noch. Nun geht man davon aus, dass ich keine bakterielle Bauchinfektion habe sondern eine Fettgewebsnekrose. Bedeutet, dass mir Fettgewebe am Bauch wegstirbt. Schmerzhaft, unangenehm, aber wird sich mit den Wochen und Monaten von allein regeln. Nochmal aufmachen will man mich aktuell nicht. Da ich auch noch viel Wasser im Körper habe, leider auch noch am Bauch, trage ich nun einen engen Gurt, der selbiges rauspressen soll. Und Fieberschübe quälen mich seit 3 Tagen auch immer wieder mal. Aber ich kann wieder laufen…. nicht weit…. aber es wird. Meine Oma habe ich auf einer anderen Station auch schon mal besucht und bin dann allein zurück gelaufen. (hin ging es mit Transportdienst) Da kann ich stolz auf mich sein. 🙂

Noch immer muss ich auf dem Rücken schlafen, das ist für mich die pure Qual. Doch dank des Bettes und den Einstellmöglichkeiten wird es immerhin erträglich, nur wie ich das daheim dann mache…. davor graust es mir…..

Alles in allem ist es nicht perfekt gelaufen – für mich. Ich werde noch einige Zeit mit Schmerzen und Komplikationen kämpfen müssen. Aber für die Kids liefs prima. Und am Ende kommt es doch darauf an. 🙂

Fotoquelle: OP Bild und CT Bild: tpsdave / pixabay // Krankenschwester: Nemo / pixabay