Am 18. September – btw. meinem Hochzeitstag – wurden hier nebenan, nur ein Haus weiter, neue Stolpersteine gesetzt. 8 Steine vor dem DM, Lister Meile 77-79 (früher: Celler Straße 107/108), erinnern nun an die ehemaligen Bewohner des Hauses. Insgesamt wurden 30 neue Stolpersteine an diesem Tag gesetzt.
Damit sind es nun 270 Stolpersteine in Hannover, welche an die Menschen, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geworden sind, erinnern. Diese Steine werden am letzten selbst gewählten Wohn- oder Arbeitsort der Verfolgten auf dem Fußgängerweg platziert. Diese Steine sind eine Messingplatte auf welcher mit der Inschrift "Hier wohnte…" den Namen, den Geburtsjahrgang sowie die Umstände des Todes den Verstorbenen gedacht wird.
Meine Urgroßmutter lebte mit ihrem Mann schon in dieser Zeit hier. Ob sie die Familie Weintraub kannte, welche einen Wäschereibetrieb mit Versand im Haus des ehemaligen Kepa Kaufhauses betrieb? Hat sie mitbekommen, dass die Familie nach Holland geflüchtet war? Hielten meine Urgoßeltern früher immer mal wieder einen Plausch mit den Nachbarn nebenan? Ich werde es nie erfahren….
Es ist ein beklemmendes Gefühl sich vorzustellen, dass nur ein Haus weiter Menschen vor vielen Jahren zusammen saßen, sich beratschlagten und Angst hatten, weil sie um ihr Leben fürchteten, einfach weil sie Juden waren, weil sie nicht ins “System” der herrschenden Macht passten. Es ist greifbarer, wenn man sich vorstellt, dass die eigene Familie diese Menschen vielleicht kannte, es rückt näher, wird persönlicher.
Ich finde die Idee, die hinter den Stolpersteinen steckt, sehr gut. Sie lassen uns nicht vergessen, sie machen es allgegenwärtig.
Sie lassen uns nachdenken. Sie lassen uns in unserer Realität, unserer Wahrnehmung, unserem Leben stolpern und besinnen. Erinnern wie wichtig Freiheit ist, wie wichtig es ist Menschen nicht zu verurteilen, tolerant zu sein, aufzustehen und gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen. Sie lassen uns stolpern in der dahinplätschernden Welt voller Selbstverständlichkeit und erinnern uns daran dass die Freiheit in Frieden ohne Angst um sein Leben zu leben, ein verdammt hohes Gut ist, welches wir in unserem Alltag gar nicht zu schätzen wissen. Unsere Generation kennt es nicht anders. Doch Generationen vor uns kannten es anders, dank eines Systems welches sich in so kurzer Zeit aufgebaut hatte, dass es rückblickend erschreckend ist, wie schnell sich ein ganzes Land wandeln kann.
Wir dürfen nicht vergessen, denn wer die Vergangenheit vergisst, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen….