In Bad Bevensen hat ein 45jähriger arbeitsloser Mann seine Mutter (70 Jahre) umgebracht und danach Feuer in der gemeinsamen Wohnung gelegt. Er stellte sich in der Nacht zum Freitag und gab bei der Polizei die Tat zu.

Dies ist die nüchterne Zusammenfassung dessen, was sich abspielte. Nur die Fakten.

Wie reagieren wir darauf?

Wir verurteilen den Mann. Er ist im gesetzteren Alter, sollte was erreicht haben im Leben, Familie und Kinder, doch er ist arbeitslos und wohnt mit seiner Mutter zusammen von Familie keine Spur anscheinend. Ein Versager, denken wir sofort. Und dann brachte er seine Mutter um. 70 Jahre war sie alt, bestimmt gebrechlich wie alle 70jährigen. Wollte sie ihn vielleicht rauswerfen, den Nichtsnutz? Wollte sie ihm den Geldhahn zudrehen? Wurde er wütend und erschlug sie in blinder Rage? Steckte er die Wohnung in Brand um die Tat zu vertuschen, vielleicht sogar noch das Versicherungsgeld abzukassieren?

So denken wir, wenn wir die reinen Fakten betrachten, doch liegen wir richtig?

Er stellte sich selbst der Polizei. Plagte ihn etwa sein schlechtes Gewissen? Seine Aussage brachte Licht ins Dunkel. Es war keine herzlose Tat in Wut und vermutlich war er alles andere als ein Schmarotzer, der auf Muttis Tasche lag. Er hatte seine Mutter daheim gepflegt. Ihr Zustand muss sich so sehr verschlechtert haben, dass sie in eine Klinik bzw. in ein Pflegeheim gekommen wäre. Die Mutter wollte dies aber nicht und nahm ihrem Sohn das grausame Versprechen ab, dass er sie vorher umbringen soll. Als liebender Sohn ist er diesem Wunsch nachgekommen. Er wollte ihr den Aufenthalt im Pflegeheim ersparen.

Schon wirkt es alles ganz anders

Wie schwer muss es ihm gefallen sein, seiner Mutter diesen letzten Wunsch zu erfüllen? Er hatte sie gepflegt, vielleicht deswegen keinen Job gehabt und muss sich dann so von ihr verabschieden und lebenslang mit der Schuld leben sie umgebracht zu haben. Egal ob er nur ihrem Wunsch nach Sterbehilfe nachgekommen ist, es wird ihn immer belasten. Nachzuvollziehen ist diese Tat und auch nicht nachzuvollziehen. Aus der Pflege meiner Oma weiß ich selbst sehr genau, wie es ist sich den Tod für den geliebten Menschen zu wünschen, weil er gnädiger erscheint und man nicht möchte, dass derjenige durch diesen schweren Pfad hindurch muss. Täglich sieht man das Leid der geliebten Verwandten und weiß darum, dass es noch schlimmer wird. Hat derjenige auch noch Schmerzen und quält sich, wird es auch für die pflegenden Angehörigen zur seelischen Folter, denn machtlos steht man daneben und kann nur zusehen. Ich kann verstehen, was ihn trieb ihrem Wunsch nachzukommen, vor allem wenn sie es sich wirklich gewünscht hat und ihm das Versprechen abgerungen hat. Egal wie alt man wird, es bleibt immer die Mutter. Eine Autoritätsperson, man hört auf Mama. Egal ob es richtig oder falsch ist. Normalerweise. Als Mutter sollte man solch eine Last dem Kind nie auferlegen, doch wie sehr muss sie schon gelitten haben, wie groß muss ihre Angst gewesen sein, dass sie wider der Natur, entgegen aller Schutzgedanken für ihr Kind, ihm doch solch Last auferlegte.

Sterbehilfe ist strafbar

Auch wenn es eigentlich ein Akt der Gnade ist oder zumindest als ein solcher von den Beteiligten gedacht ist, ist es in Deutschland strafbar, denn es gibt bisher kein festes Gesetz zum Thema Sterbehilfe. Es wird in Deutschland als Tötung auf Verlangen geahndet und ist laut dem Strafgesetzbuch §216 verboten. Dem Mann aus Bad Bevensen drohen nun 6 Monate bis 5 Jahre Haft für die Tötung seiner Mutter. Weiter hat er auch für die Brandstiftung mit einer Strafe zu rechnen.

Was hättet Ihr getan?

Und nun die Frage aller Fragen: Könntet Ihr es?

Was würdet Ihr tun, wenn einer Eurer engsten Verwandten Euch um so was bittet? Wenn es ansonsten keine Besserungsmöglichkeit mehr gibt und nur noch Qual und Leid denjenigen erwartet? Könntet Ihr es? Würdet Ihr es? Wie sehr Ihr das Thema Sterbehilfe allgemein?