Kennt Ihr Leo Lausemaus?

Diese kleine Maus, die irgendwie nie auf was Bock hat und sich immer querstellt? Die Maus, dessen Mutter in weißer Schürze mit Wespentaille am Herd steht und den ganzen Tag kocht, backt und putzt? Die Maus, dessen Vater täglich zur Arbeit geht, die Beine hochlegt, wenn die Ehefrau seinen Dreck weg putzt und gelobt wird, weil er tatsächlich die Backform fand, um einen Geburtstagskuchen für die Mama zu backen?

Ok, dann wisst Ihr ja von wem ich spreche. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Stereotypen, Klischees und Co. Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen Negativ-Beispiele oder Dinge, die dezent der schwarzen Pädagogik zugeordnet werden, solange sie in irgendeiner Art noch als Kulturgut (z.b. Struwwelpeter) durchgehen können. Da sehe ich einen Unterschied zwischen heimischen Realismus und Fiktion im Buch. Aber bei einer Sache hörte es nu bei Leo bei mir auf.

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Gestern las ich meinen Jungs das Buch „Leo Lausemaus will nicht essen“* vor.

Leo will seine Möhrensuppe nicht essen. Die Mama bietet ihm noch die Käsesuppe an, die er auch nicht will. Er will Bonbons – Basta. Oh ja….wie ich das kenne mit meinen Jungs….. Aber dass ich mich mit der Situation identifizieren kann, hilft leider kein Stück….denn das was folgt, geht mir gewaltig gegen den Strich. Das Unheil nahm seinen Lauf als die Mutter mit zitternden Schnurrhaaren schimpfte:

„[..]Und denk einmal an die Tiere im Wald, die bei der Kälte und dem Schnee nichts zu essen finden!”

Mir stockte der Atem beim Vorlesen. Das Kinder in Afrika Beispiel auf Waldtiere gemacht – das steht da nicht wirklich, oder? Ich las die Geschichte weiter. Eine frierende, hungrige Grille kloppt an Familie Lausemaus Tür und erbittet Essen und wird von Mama Lausemaus gescholten, dass er im Sommer statt Essen zu sammeln nur Musik und Singen im Kopf hatte und nochmal eines Tages an Hunger sterben würde. Die Grille freut sich danach über die leckere, warme Mahlzeit, die eigentlich Leo gehörte, und spricht dann den kleinen Mäuserich an.

„Du weißt sicher nicht, was es heißt, Hunger zu haben? Weißt Du, die Tiere im Wald haben nicht so ein schönes warmes Zuhause und dazu noch eine liebe Mama, die Essen kocht und weiß, was kleine Mäusekinder so brauchen. Sei froh, dass du etwas anderes als trockene Tannenzapfen oder ein Stück gefrorene Rinde zu essen bekommst!”

Dank dieser Ansprache isst Leo seine Suppe auf und verspricht in Zukunft an die armen Tiere zu denken und immer aufzuessen….

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WTF

Das stand da…. ernsthaft? In einem relativ neuem Buch? Wir reden hier nicht von zig Generationen vor unserer Zeit, wo es dem Weltbild entsprach…. wir reden hier vom Erscheinungsjahr 2004!

Ich verstehe, wenn Großeltern zu kleinen Kindern solch Sätze sagen, denn sie erlebten die Zeit in der es nichts zu essen gab und man nicht wählerisch sein durfte. Wenn es um Leben oder Tod geht, dann ist es tödlich, wenn man seine Suppe nicht essen will. Meine Oma kratzte in ihrer Kindheit den Schimmel vom Brot ab und aß es, weil es ums Überleben ging. Das kann man Kindern meiner Meinung nach auch gern beibringen aber doch bitte nicht Dreijährigen. Die Bücher und Geschichten sind ab drei Jahre und sorry, meine Kinder müssen JETZT noch nichts vom Welthunger wissen und sollen sich nicht mit den Problemen von Erwachsenen und der Weltwirtschaft rumschlagen. Ich will nicht, dass sie mit schlechtem Gewissen Essen betrachten. Ich will natürlich nicht, dass sie ignorante Snobs werden, die Essen verschwenden, aber bitte man muss doch den Entwicklungsstand von Kindern berücksichtigen. Wenn ich einem achtjährigen Kind oder einem zehnjährigem Kind erkläre, dass Essen wegwerfen nicht gut ist und wir dankbar sein sollten, dass es uns so gut geht, denn vielen Menschen geht es viel schlechter, dann sehe ich das eher als ok an als einem dreijährigem Kind mit der hungernden Kinder in Afrika Nummer zu kommen.

Das Buch werde ich definitiv nimmer vorlesen.

Wie seht Ihr das?

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